Die neue Zeit

Ich nenne mich glücklich, denn ich bin Teil einer neuen Zeit,
denn ich habe erkannt, wie wichtig es ist, dass ich lebe,
dass du lebst, dass wir alle leben,
dass meine Hand sich mit anderen Händen verschränkt,
mein Lied sich vereint mit anderen Liedern.

Denn meine Aufgabe hab ich erkannt, Schöpfer zu sein,
Gestalterin meiner Zeit, die unsere Zeit ist,
ich will auf die Straßen gehen, aufs Land,
in die Villen und in die Hütten,
will die Trägen aufrütteln und die Tagdiebe
und die, die das Leben verfluchen und die schlechten Geschäfte,
und die, die vor Zahlenreihen die Sonne nicht mehr erblicken,
die Ungläubigen, die Verzweifelten, solche, die die Hoffnung verloren haben,
solche, die lachen und singen und mit Zuversicht sprechen,
ich will sie alle ins Morgenlicht tragen,
damit sie das Leben erkennen, wie es dahinzieht
schmerzhaft, herausfordernd, schön,
das Leben, das uns erwartet nach jedem Sonnenuntergang –
letztes Zeugnis eines für immer entschwindenden Tages,
der die Zeit verlässt und niemals zurückkehrt.

GIACONDA BELLI