Interview mit Laetitia Umulisa zum Teenager-Mütter-Projekt in Kigali
Die Psychologin Laetitia Umulisa (43) ist dreifache Mutter, zuständige Mitarbeiterin, Koordinatorin und Leiterin für das Teenager-Mutter-Projekt des Frauenmissionswerks in Kigali, der Hauptstadt Ruandas.
Laetitia, bitte beschreiben Sie die aktuelle Situation in Kigali in Bezug auf Covid-19.
Laetitia Umulisa: Die Pandemie ist eine Riesenherausforderung für das ganze Land: Jeder Lockdown bringt Arbeitslosigkeit und zusätzlichen Hunger mit sich. Viele Menschen warten tagelang auf Lebensmittel, obwohl die Regierung versucht, ihrerseits zu unterstützen. Nach jedem Lockdown haben unzählige Menschen ihre Jobs verloren, viele Angebote sind in der Zwischenzeit zugrunde gegangen und öffnen nicht mehr; für etliche Menschen ist es ein Problem, an Lebensnotwendiges zu kommen. Mittlerweile hat die Regierung eine Impfkampagne begonnen; gestartet wurde mit den gefährdeten Bevölkerungsgruppen. Alle Vorsichtsmaßnahmen, um uns selbst und andere zu schützen, halten wir respektvoll ein.
Wie steht es um die Teenager-Mütter im PMF-Projekt?
Laetitia Umulisa: Wir stehen noch recht am Anfang eines sehr sinnvollen Projekts, junge (werdende) Mütter, Mädchen zwischen zwölf und 18 Jahren, zu stärken. Allerdings: Als wir das Projekt ausgeschrieben haben, waren die Verhältnisse bereits schwierig – durch Covid-19 sind sie nochmals um ein Vielfaches katastrophaler (geworden). Schülerinnen und Schüler haben ein komplettes Schuljahr verpasst, dazu leben die meisten Familien in äußerst prekären Umständen, wo sexuelle Übergriffe an der Tagesordnung sind – was die Anzahl junger Mütter erschreckend in die Höhe schnellen lässt.
Unser Pilotprojekt beinhaltet verschiedene Einheiten, die sich mit gesundheitlichen Aspekten, Aufklärung, der Stärkung von Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen sowie Prävention von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten beschäftigen. Darüber hinaus gibt es einen regen Austausch unter den Frauen, der der gegenseitigen Unterstützung dient, denn all diese Frauen haben Geschichten, die sie in diesem geschützten Bereich erzählen können, was wiederum auch den anderen in der Verarbeitung ihrer eigenen Probleme sowie in der Bestärkung hilft.
Bei dem Projekt der Teenager-Mütter handelt es sich um ein (noch) vergleichsweise kleines Projekt, das wir gerne weiter ausbauen möchten. Viele der jungen Frauen haben zunächst eine weiterführende Schule besucht – und etwa auch aufgrund der Schwangerschaft, ihre Schullaufbahn unterbrochen beziehungsweise abgebrochen. Mit mehr finanziellen Möglichkeiten könnten wir diesen Frauen den Schritt zu Schulabschluss und Ausbildung erleichtern. Langfristig sollen sie für sich und ihr(e) Kind(er) sorgen, sich um die eigenen Belange kümmern können, finanziell auf eigenen Beinen stehen, nein sagen lernen zu Gewalt, Vergewaltigung, sexueller Belästigung und sexuellen Übergriffen. Wenn wir diesen jungen Frauen helfen – aktuell sind es allein in der Diözese Kigali mehr als 3000 – unterstützen wir zugleich unser Land, denn diese Frauen und ihre Kinder sind die Bevölkerung von morgen.
Erst kürzlich haben Sie ein eigenes Büro bezogen. Was bedeutet diese Neuerung für Sie in Ihrer Arbeit, unter anderem mit den jungen (werdenden) Müttern?
Laetitia Umulisa: Die neuen Räumlichkeiten, die den Frauen zugleich ein Stück Geborgenheit schenken sollen, machen das Projekt auch nach außen hin sichtbar und zugänglich: Neben der täglichen Arbeit kann ich nun junge Frauen und andere Gäste ganz offiziell empfangen und beraten. Es ist nicht nur ein Raum für Gespräche, sondern auch für Sorgen – hier können die Mädchen ihren Tränen und ihrer Belastung freien Lauf lassen, ihre Probleme in Worte fassen. Ich wünsche mir, dass die neuen Räumlichkeiten langfristig auch Raum bieten für Träume, neue Perspektiven und Hoffnung.
Interview/Übersetzung: Ulrike Schwerdtfeger