Am ersten Adventssonntag hören wir einen Abschnitt aus dem 24. Kapitel beim Evangelisten Matthäus. Eigentlich ist das erstaunlich. Denn hier beginnt das neue Kirchenjahr, und wir lesen einen Text vom Ende des Matthäusevangeliums – das hat ja nur 28 Kapitel, und die letzten drei enthalten die Leidensgeschichte Jesu und etwas von den Begegnungen mit dem Auferstandenen.
Das 24. Und 25. Kapitel berichten von dem, was Jesus über das Ende der Welt vorhersagt, und an mehreren Stellen werden wir zur Aufmerksamkeit und zur Wachsamkeit aufgerufen. Im heutigen Evangelium spricht Jesus von der Zeit vor der Sintflut. Damals wie offenbar jetzt sind die Menschen voll beschäftigt mit den Alltags-sorgen und -freuden: sie spüren nichts von dem, was kommen wird und alle betrifft. Das soll bei den Jüngerinnen und Jüngern Jesu nicht so sein, denn was da sich ankündigt, ist wesentlich für uns alle.
Das Wort von der Wachsamkeit erinnerte mich an Situationen, die ich vor 60 Jahren erlebte. Ich war damals als Studentin in einem Krankenhauskonvent, und die Schwester auf der Kinderstation bat mich manchmal, eine Sitzwache zu übernehmen, was ich sehr gerne tat. Es ging dabei um kranke oder gerade operierte Kinder, meist im Vorschulalter, die nachts nicht allein sein sollten. Nach einer Blinddarm- oder Mandeloperation waren sie noch nicht recht wach geworden, und Schwester Eberhardia wollte nicht, dass die Kinder beim Aufwachen allein in fremder Umgebung waren und dann Angst bekamen.
Vielleicht können wir es uns so vorstellen, dass wir beim Ende der Welt oder beim Ende des eigenen Lebens auf dieser Erde nicht allein sind. Eine liebende, sorgsame Gegenwart wird da sein. Wir brauchen keine Angst zu haben. Denn wir wissen ja, dass Gott unser liebender Vater ist, dass Jesus unser großer Bruder bei uns ist, dass der Heilige Geist alles leitet und begleitet. Die Schrecken des Endes der Welt müssen uns nicht ängstigen, auch wenn die Sterne vom Himmel fallen und alles endet, was wir kennen. Nichts Neues ist furchterregend, wenn diese Basis stimmt, wenn wir Vertrauen haben. Unser Gott ist immer da, kommt immer neu, lässt uns nicht allein. Das ist der Advent, die Ankunft der Gewissheit, die uns der Glaube schenkt. So sei es. Amen.
Sr. Christeta Hess, Koblenz